
Barack Obama und Donald Trump könnten gegensätzlicher nicht sein – und doch sind sie die Sieger der letzten Wahlkämpfe um die US-Präsidentschaft. Während einige Trumps Erfolg mit psychologischem Mikro-Targeting von Cambridge Analytica begründen, offenbart der direkte Vergleich, wie ausschlaggebend das Wahlsystem und die Medienlandschaft gewesen sind.
Dieser Artikel erschien am 12. Januar auf Campaigning & Strategy. Foto: Trump by Matt Johnson (CC BY-NC 2.0) ; Obama by Scout Tufankjian (CC BY-NC-SA 2.0)
Barack Obama und Donald Trump haben als Menschen nicht viel gemein und ihre Wahlkampagnen (2012-2016) auf den ersten Blick auch nicht: Der Demokrat hatte mehr Geld (739 zu 293 Millionen Dollar), mehr Mitarbeiter (650 zu 82 in der Zentrale), mehr politische Erfahrung (zwei zu null Spitzenämter) und war selbst bei seinem zweiten Antritt wesentlich jünger und damit agiler (51 zu 70 Jahre). Eine Formel für den Wahlsieg scheint es nicht zu geben.
Beide Wahlsieger verbinden jedoch einige Faktoren, die helfen, ihren Erfolg zu verstehen: beide haben vom US-Vorwahlsystem und dem Electoral College profitiert, die traditionellen und sozialen Netzwerke dominiert und ihre Anhängerschaft mobilisiert.
US-Vorwahlsystem
Während in Deutschland die Parteien ihre Kandidaten nominieren, bestimmen in den USA registrierte Parteianhänger in Vorwahlen, wer antritt. Dieses System schwächt die Parteifunktionäre und bevorteilt außergewöhnliche Individuen.
Barack Obama war Mitte der 2000er der Shooting-Star der Demokraten. Nur 12 Jahre nach seinem ersten politischen Amt wurde er Präsident. Donald Trump ist eine nationale Marke ähnlich eines Popstars und dazu noch reich. Weder hat er politische Erfahrung vorzuweisen, noch war er ein treuer Anhänger der Republikaner.
Ohne das Vorwahlsystem wäre Trump wohl niemals Kandidat seiner Partei geworden und Obama hätte sich erst noch ein bis zwei zusätzliche Jahrzehnte in der Partei abstrampeln müssen.
Electoral College
Wer die einfache Mehrheit eines US-Staates gewinnt, erhält sämtliche seiner Wahlleute für das Electoral College (abgesehen von wenigen Ausnahmen). Mit jeweils einer Wählerstimme mehr in den knappen Staaten, kann man Präsident werden.
Dies erklärt, warum Obama 2012 deutlich (332-206 Wahlleute) gewann, obwohl er nur 51 % aller Stimmen erhielt und warum Trump 2016 überhaupt gewinnen konnte, obwohl er nur 46 % der Stimmen erhielt.
Beide konnten die Schlüsselstaaten des jeweiligen Jahres für sich entscheiden (Obama 9 von 9 und Trump 10 von 14). In der Wahl 2016 hätten nur um die 120.000 Stimmen, verteilt auf die richtigen Staaten, gereicht, und Hillary Clinton wäre Präsidentin geworden. Die Analysen werden zeigen, ob Strategie oder Glück ausschlaggebend für Trumps Sieg war.
Traditionelle Medien
Das Fernsehen spielt immer noch eine große Rolle in der Meinungsbildung. Fast die Hälfte der Wahlkampfbudgets der letzten Präsidentschaftskandidaten Clinton, Obama und Romney wurden für Fernsehwerbung ausgegeben (zusammen ca. 1,2 Milliarden Dollar). Und das aus Gründen: eine Studie des Wahlkampfes von Gouverneurskandidat Rick Perry konnte 2006 einen Zugewinn von fünf Prozentpunkten in Umfragen durch TV-Werbung feststellen. Allerdings lässt der Effekt nach einer Woche wieder nach.
Das erklärt zum einen, warum die meisten Kandidaten auch im Jahr 2016 noch im großen Stil Anzeigen schalteten und zum anderen, warum sich die einzige Ausnahme davon, Donald Trump, permanent selbst zum Thema machte: earned media. Fünf Milliarden Dollar war seine Medienpräsenz laut einer Schätzung von mediaQuant wert; seine Kampagne gab nur knapp 19 Millionen Dollar für Fernsehwerbung aus.
Obama hatte sich 2012 zwar nicht wie Trump inszeniert, dominierte jedoch ebenfalls die Medien laut mediaQuant – und dies insbesondere in der entscheidenden Phase, als diese öfter und positiver über ihn berichteten als über Mitt Romney.
Soziale Medien
Barack Obama und Donald Trump haben jeweils ihren Wahlkampf in den sozialen Netzwerken dominiert. Obamas Kampagne erhielt damals viel Lob für seine Arbeit, was sich auch in Zahlen niederschlug: im Durchschnitt gaben ihm die User doppelt so viele Likes auf Facebook wie Romney (40.000 zu 19.000).
Donald Trump allerdings schlägt den bisherigen Platzhirschen um Längen: er verzeichnete 90 Prozent mehr Likes und 900 Prozent mehr Re-Tweets als Obama – und das, obwohl seine Fanbase kleiner war (die Zahlen beziehen sich auf zwei Studien des Pew Research Centers, das jeweils drei Wochen untersuchte).
Sein Erfolgsrezept war wahrscheinlich der sehr persönliche, emotionale Ton, der Interaktionen sehr viel mehr fördert, als der offizielle von Clinton. Diese Dominanz wirkt sich heutzutage noch stärker auf das Wahlverhalten aus, weil mittlerweile über 40 Prozent der US-Amerikaner Facebook nutzen, um Nachrichten zu konsumieren.
Mobilisierung
Beiden gelang es, ihre Anhängerschaft zur Wahlkabine zu bringen. Wahrscheinlich lag das daran, dass sie ihre Botschaft „Change“ beide glaubhaft vermitteln konnten – 82 Prozent der der Wähler hielten Trump für den Veränderungsbringer. Fast alle Republikaner, die zur Wahl gingen, wählten folglich für Trump (das zeigt ein Vergleich der Exit Poll-Befragungen der Präsidentschaftswahl zur Parlamentswahl: 88 zu 94 %). Auch die relativ hohe Wahlbeteiligung spricht für eine ähnlich erfolgreiche Mobilisierung (58,6 zu 59,5 % laut dem Electproject 12 und 16).
Allerdings war die Methode zur Mobilisierung eine völlig andere: Während die Demokraten seit 2008 auf gigantisches, datenbasiertes Field Organizing setzen, um potenzielle Wähler persönlich zu erreichen, verließ sich Trump auf seine mediale Macht und große, bildgewaltige Versammlungen.
Fazit
Die Wahlkämpfe von Trump und Obama haben vom Wahlsystem profitiert, die Medien dominiert und ihre Wähler mobilisiert. Die fünf Gemeinsamkeiten sind aber nicht die alleinigen Gründe, dass Trump gewann. Daneben gibt diverse weitere Ansatzpunkte, die eine Vielzahl von Theorien erlauben.
Bis wir das Phänomen Trump vollständig erfassen können, wird noch einige Zeit vergehen. Denn dazu brauchen wir die Zahlen der Wählerregister, Analysen von Forschern und ehrliche Einblicke aus den Kampagnenzentralen.
Dieser Artikel erschien am 12. Januar auf Campaigning & Strategy.
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